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„Die Erfahrungen und das Feedback sind eine große Motivation“
Interview mit Kristina Linder über interkommunale Zusammenarbeit im Landkreis Darmstadt-Dieburg

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Die Städte und Gemeinden des Landkreises Darmstadt-Dieburg arbeiten bereits seit 2014 interkommunal zusammen – und das hat sich bewährt. Wir haben Kristina Linder, Fachgebietsleiterin der Zentralen Auftragsvergabestelle, einige Fragen zu diesem Thema gestellt.
Wie kam es zu der interkommunalen Zusammenarbeit?

„Der erste Anstoß für die interkommunale Zusammenarbeit ging zunächst von dem Bürgermeister einer der Kommunen des Landkreises aus, der eine Anfrage zur Abwicklung der Vergabevorgänge seiner Kommune über die Zentrale Auftragsvergabestelle (ZAvS) und die dem Revisionsamt zugeordnete Submissionsstelle des Landkreises stellte. Diese Anfrage wurde seitens des Landrats des Landkreises Darmstadt-Dieburg aufgegriffen, indem das grundsätzliche Interesse aller Städte und Gemeinden des Landkreises für eine solche Zusammenarbeit abgefragt und eine Informationsveranstaltung durchgeführt wurde. Es bestätigte sich danach das Interesse der Kommunen an einer interkommunalen Zusammenarbeit im Bereich der Vergabe, die sich nun inzwischen seit dem Jahr 2014 bewährt.“

Mit wem arbeiten Sie zusammen?

Es besteht über entsprechende öffentlich-rechtliche Vereinbarungen eine Zusammenarbeit mit 19 Kommunen des Landkreises sowie vier Zweckverbänden. Hinzugekommen sind weiterhin vier öffentliche Auftraggeber außerhalb des Landkreises Darmstadt-Dieburg.“

Welche Maßnahmen umfasst die interkommunale Zusammenarbeit?

„Die Zentrale Auftragsvergabestelle kann den Kommunen eine Vielzahl von unterstützenden Tätigkeiten anbieten. Das mögliche Leistungsspektrum ist dabei das gleiche wie für die ausschreibenden Organisationseinheiten des Landkreises selbst: Begleitung des gesamten Vergabeprozesses in organisatorischer Hinsicht einschließlich der Erfüllung der Veröffentlichungspflichten, Prüfung von Leistungsverzeichnissen vor der Veröffentlichung auf Konformität zu den vergaberechtlichen Bestimmungen, Zusammenstellung der Vergabeunterlagen mit den einheitlichen Mustern aus dem Vergabehandbuch des Bundes, das Hochladen der vollständigen Vergabeunterlagen auf die Vergabeplattform subreport ELViS, ergänzende formale Angebotsprüfung nach der Öffnung der Angebote und der formalen und rechnerischen Erstprüfung durch die Submissionsstelle sowie die Teilnahme an Auswahlsitzungen und Bietergesprächen, Prüfung von Vergabeempfehlungen auf Konformität zu den vergaberechtlichen Bestimmungen und die Versendung von Nichtberücksichtigungsschreiben. Bei allen Leistungen steht die beratende Funktion der ZAvS im Vordergrund. Die Verantwortung für die zu treffenden Entscheidungen bleibt selbstverständlich bei den ausschreibenden Stellen. Sie entscheiden im Übrigen auch in jedem Einzelfall der Vergabe, welche Teilleistungen der ZAvS in Anspruch genommen werden sollen.“

Welche Effekte lassen sich durch welche Maßnahmen erreichen?

„Die interkommunale Zusammenarbeit ist insgesamt geeignet, die Effizienz und die Qualität der Vergabeverfahren zu erhöhen. Es liegt auf der Hand, dass die Zahl der abzuwickelnden Verfahren in unmittelbarem Zusammenhand mit der Routine bei dieser Abwicklung steht. Insofern profitiert auch die ZAvS von der Zusammenarbeit. Für die beteiligten Kommunen liegen die Vorteile zunächst in der nunmehr papierlos erfolgenden Aufforderung zur Angebotsabgabe und den zunehmend papierlos eingehenden Unterlagen, ohne dass eigenes Personal erforderlich wäre, das sich gesondert auf eVergabe spezialisieren muss. Es entfällt also die Vervielfältigung und Versendung sowie die Verwaltung des Entgelts für die Vergabeunterlagen. Außerdem liegt für die Kommunen ein nicht zu unterschätzender Vorteil darin, bei vergaberechtliche Fragen und Verpflichtungen Unterstützung in Anspruch nehmen zu können. So ist es möglich, dass sich die jeweils beteiligten Projektleitungen ihrer Fachlichkeit ganz widmen können, ohne Gefahr zu laufen, in vergaberechtlicher Hinsicht etwas zu übersehen. Nicht zuletzt hat die interkommunale Zusammenarbeit aber auch für die Bieter erhebliche Vorteile. Einerseits erfahren die Vergabeunterlagen selbst eine Vereinheitlichung, so dass die Bieter unabhängig davon, welche beteiligte Kommune ausschreibt, mit den Unterlagen vertraut sein dürften. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Bieter für ein größeres Gebiet eine einheitliche Vergabeplattform vorfinden und nicht bei benachbarten Kommunen ihres Bewerbungsradius mit unterschiedlichen Systemen arbeiten müssen.“

Inwieweit fördert eGovernment die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen/Teilnehmern?

„Bezogen auf die Abwicklung von Vergabeverfahren erleichtert das Arbeiten auf elektronischem Weg die Zusammenarbeit enorm, weil Transportwege zwischen den beteiligten Ämtern und damit Zeitverlust bei der Beförderung von Unterlagen auf ein Minimum reduziert werden können. Auch insofern ist das Ziel der vollständigen elektronischen Abwicklung von Vergabeverfahren einschließlich der Angebotsabgabe anzustreben.“

Gibt es ein spezielles Anschauungsprojekt, welches die Zusammenarbeit besonders aufzeigt?

„Ein solches spezielles Anschauungsprojekt existiert aus Sicht der ZAvS nicht. Wir empfinden vielmehr alle gemeinsam mit den Kommunen abgewickelten Ausschreibungen als gleichermaßen gut geeignet, die Zusammenarbeit nicht nur aufzuzeigen, sondern ihre Vorteile zu untermauern.“

Was begeistert vor allem Sie, Frau Linder, an dem Thema „Interkommunale Zusammenarbeit“?

„Die Zentrale Auftragsvergabestelle des Landkreises Darmstadt-Dieburg wurde im Jahr 2012 mit dem Ziel installiert, eine Standardisierung und Optimierung der Vergabeprozesse und die Förderung der eVergabe zu erreichen. Sie wurde mit einem sehr gut qualifizierten Team ausgestattet, das eine hohe Spezialisierung im Vergaberecht und der eVergabe aufweist. Vergabeprozesse erfordern die Fachlichkeit in der Analyse und Beschreibung des Auftragsgegenstands einerseits und, im Fall der Vergabe durch öffentliche Auftraggeber, profunde Kenntnisse des Vergaberechts andererseits. Gerade das Vergaberecht ist jedoch sehr komplex und unterliegt einer starken Dynamik. Für kleinere Verwaltungen kann es deshalb im Tagesgeschäft schwierig sein, im Bereich der Vergabe und insbesondere auch der eVergabe auf dem neuesten Stand zu bleiben. Hier kann und will die ZAvS für Unterstützung sorgen, um so Kapazitäten in den Kommunen für die fachlich-inhaltliche Arbeit freiwerden zu lassen. Die bisherigen Erfahrungen und das Feedback zu der Zusammenarbeit sind eine große Motivation in dieser Richtung weiter zu machen.“

Kristina Linder hat Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Darmstadt studiert und war dort drei Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt. Im Januar 2000 wechselte sie zur Kreisverwaltung des Landkreises Darmstadt-Dieburg, wo sie bis zum Jahr 2012 als Technische Revisorin arbeitete. Seit Mai 2012 leitet Frau Linder die Zentrale Auftragsvergabestelle des Landkreises Darmstadt-Dieburg.

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