Zur Jahrtausendwende hat das kleine baltische Land begonnen, eGovernment-Strukturen zu schaffen. Seit 13 Jahren erhält jeder Einwohner ab 14 Jahren eine elektronische Identifikationskarte – kombiniert mit seiner elektronischen Unterschrift. In den nächsten Jahren erwartet Estland eine Bevölkerungszunahme um 600 % – von rund 1,3 auf etwa 10 Millionen Einwohner. Estland wird als weltweit erstes Land seine Grenzen öffnen für eBürger aus anderen Ländern. Dank der sogenannten E-Residency können Menschen aus aller Welt einen estnischen elektronischen Pass erhalten, auch ohne das Land jemals betreten zu haben. Das Dokument enthält eine staatlich beglaubigte digitale Unterschrift und ermöglicht den Zugang zu Diensten wie etwa Bankgeschäften und auch die Gründung eines Unternehmens, das dann die Vorzüge des EU-Binnenmarktes genießt. Damit möchte der Kleinstaat vor allem Firmen aus dem Silicon Valley nach Estland locken.
Die Basis von E-Estonia ist die X-Road. Diese Infrastruktur fasst viele Datenbanken aus privatem und öffentlichem Bereich zusammen und ermöglicht den Zugang zu immer mehr Diensten und Informationen der öffentlichen Verwaltung. Auch der private Sektor folgt mit zahlreichen Angeboten aus den Bereichen Gesundheit und Bildung. Mittels der elektronischen Identifikationskarten hat jeder Bürger Zugang zu einer Vielzahl von Angeboten und Diensten. Schon heute hat die digitale Unterschrift der Unterschrift auf Papier den Rang abgelaufen. Siret Schutting, die Direktorin des E-Estonia Showroom schätzt, dass dadurch jährlich etwa eine halbe Milliarde US-Dollar eingespart werde.
Für Esten ist es selbstverständlich, die Steuererklärung auf elektronischem Wege zu erledigen. Das E-Tax-System macht es den Bürgern einfach: Für eine Steuererklärung sind nicht mehr als sechs Mausklicks notwendig. Dank X-Road sind fast alle Informationen bereits vorhanden.
Clare Sullivan, Professor für Internetrecht an der University of South Australia, hält das estnische Modell für das fortschrittlichste eGovernment der Welt. 600 Dienste bietet die Regierung ihren Bürgern, 2.400 sind es für Unternehmen. Die Gründe für diese rasante Entwicklung sieht der Experte darin, dass die Regierung ein Land ohne große Ressourcen voranbringen musste und den IT-Bereich als große Chance begriff. So ist Estland zwar noch immer eines der ärmsten Länder Europas – aber sein IT-Sektor boomt.
Eine große Rolle spiele auch die Mentalität: In Estland sieht man den barrierefreien Zugang zu Informationen nicht als Privileg an sondern als Recht.
Seit einigen Jahren beschäftigt sich das Projekt EstWin damit, jedem Bürger einen Internetzugang zu ermöglichen, der von anfangs 100 MBit/s sogar auf 2,5 Gbit/s ausgebaut werden soll.
Gemeinsam mit Großbritannien, Südkorea, Neuseeland und Israel hat Estland die „D5“ gegründet, eine Initiative, die gemeinsam an der Entwicklung von Angeboten für den öffentlichen Dienst arbeitet.
Quelle: ACM