Öffentlich-private Partnerschaften, kurz ÖPP – ein Thema, dass besonders in den letzten Wochen immer wieder in den Medien diskutiert wurde. Es handelt sich dabei häufig um Bauvorhaben, bei denen die öffentliche Hand – sei es Bund, Länder oder Kommunen – Bau- oder Sanierungsleistungen von der Finanzierung bis hin zum Betrieb einem privaten Partner überlässt und mit diesem eine Art Pachtverhältnis eingeht, bei dem das private Unternehmen oder Konsortium für einen vorher festgelegten Zeitraum Einnahmen aus der Nutzung des fertigen Objekts erhält.
ÖPP – Gewinn für beide Seiten?
Für die öffentliche Hand ist es mit ÖPP auf den ersten Blick sinnvoll, um trotz leerer Kassen notwendige Investitionen zu tätigen, beispielsweise im Bundesfernstraßenbau. Denn werden Bauvorhaben an private Konsortien ausgelagert, sind diese nicht an das Vergaberecht gebunden, bauen häufig schneller und kostengünstiger und sind als Betreiber meist für einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten für die Instandhaltung des Projekts verantwortlich – eine scheinbare Win-Win-Situation für die Beteiligten.
„Bau-gegen-Maut“-Deal auf der A1 gescheitert
So geschehen beim Bau des A1-Teilstücks zwischen Hamburg und Bremen. Bei diesem „Bau-gegen-Maut“-Deal sollte die Betreibergemeinschaft A1 Mobil nach dem Ausbau des 73 Kilometer langen Teilstücks, wie für ÖPP-Projekte üblich, die Mauteinnahmen aus dem Betrieb erhalten. Doch die Prognose für den Autobahnabschnitt stellte sich als falsch heraus: Er wird von wesentlich weniger Fahrzeugen genutzt als angenommen. Heute steht A1 Mobil vor der Insolvenz – und droht dem Bund mit einer Klage in Höhe von rund 700 Mio. Euro für Einnahmeausfälle.
Spatenstich für weiteres ÖPP-Projekt erfolgt
Trotz der verheerenden Bilanz des A1-Mobil-Projektes erfolgte im September 2017 der Spatenstich für den Ausbau eines Teilstücks der A7 zwischen Seesen und Nörten-Hardenberg als zweites ÖPP-Projekt in Niedersachsen. Mit dem Ausbau und der Pflege des rund 30 Kilometer langen Autobahnabschnitts ist das Konsortium „Via Niedersachsen“ beauftragt. Im Fall der A7 wurde allerdings ein „Verfügbarkeitsentgelt“ vereinbart, welches gezahlt wird, wenn die Autobahn voll befahrbar ist.
Bund und Wirtschaftsinstitute werben für ÖPP
Seit dem ÖPP-Beschleunigungsgesetz aus dem Jahr 2005 werden insbesondere vom Bundesverkehrsministerium ÖPP-Projekte forciert. Und auch Wirtschaftsinstitute wie etwa das Institut der deutschen Wirtschaft springen in die gleiche Bresche: Wirtschaftlichkeit, Qualität und Effizienz sind die Schlagworte, mit denen für die Partnerschaften zwischen Wirtschaft und öffentlicher Hand geworben wird.
Ernüchternde Bilanz des Bundesrechnungshofs
Allerdings kommt der Bundesrechnungshof zu einer gänzlichen anderen Einschätzung. Schon 2014 kritisierte er, dass wesentliche Ziele nicht erreicht wurden, nachdem sich bereits zu diesem Zeitpunkt erste ÖPP-Projekte als signifikant teurer als geplant und damit unwirtschaftlich herausgestellt hatten – wie im Fall der so genannten Hansalinie. Und auch die Prognose des BRH und des Landes Niedersachsen zum A7-Ausbau fällt niederschmetternd aus: Das ÖPP-Projekt wird wohl rund 25 Mio. Euro teurer werden als ein klassisches Vergabeverfahren. Eine desaströse Bilanz für die ÖPP-Förderung des Bundes, die auch das Verkehrsministerium zunehmend unter Druck bringt.
ÖPP sind mittelstandfeindlich
Auch Vertreter des Mittelstandes üben Kritik an der Umsetzung von ÖPP-Projekten. Denn insbesondere für mittelständische Unternehmen ist eine Teilnahme schlicht nicht möglich. Zu groß sind die Risiken, Finanzierung und Betrieb nicht kalkulierbar, wie es etwa die Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen e. V. zusammenfasst. BVMB-Präsident Jürgen Faupel spricht sich daher für einen sofortigen Stopp dieser Beschaffungspraxis und für eine Rückkehr zur konventionellen Auftragsvergabe nach VOB/A aus.